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Der Bass

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In der 4355 stecken zwei Tieftöner vom Typ 2235H. Das „H“ am Ende der Typenbezeichnung eines JBL-Treibers steht übrigens für acht Ohm Nennimpedanz, im Unterschied zum Suffix „G“ für vier und „J“ für 16 Ohm. Der 2235H gehört aus gutem Grund zu den beliebtesten Tieftönern auf dem Gebrauchtmarkt, mit eher wenig erfreulichen Konsequenzen für die Preisgestaltung.

Zum Glück allerdings hat JBL nicht für jeden Bass das Rad neu erfunden und eine ganze Reihe von Treibern mit dem gleichen „Hinterteil“ gebaut. Die Typen E140, 2205, 2225, 2234 und 2235 verfügen über identische Körbe und Antriebe. Also braucht es letztlich einen – gerne auch kaputten – Bass aus einer dieser Baureihen, ein gutes Reconing-Kit, jemanden, der den Umbau fachgerecht erledigt und voilà – ein praktisch neuwertiger Treiber ist kein Problem. Billig ist das zwar auch nicht, es reduziert aber zumindest die Gefahr, dass man auf unbrauchbarem Schrott sitzen bleibt.

Der 2235H ist ein richtiger Bass alter Schule mit einem Parametersatz, den heute kaum noch jemand so realisieren würde. Nach Thiele und Small sieht’s so aus:

  • fs: 20 Hz
  • QTS: 0,25
  • QMS: 2,5
  • QES: 0,28
  • VAS: 458,7 l
  • XMAX: 8,38 mm
  • BL: 20,5
  • MMS: 155 g

Zusammengefasst: Die sehr niedrige Eigenresonanz und das großes Äquivalentvolumen stehen für eine weiche Membranaufhängung, kombiniert mit einem allerdings ziemlich fetten Antrieb: Die niedrige Gesamtgüte und der ziemlich hohe Kraftfaktor sprechen für ordentlich Saft im Magnetspalt. Man kann mit solchen Treibern sehr tiefe Töne erzeugen, wenn man ihnen ordentlich Luft gönnt.

[Achtung: überflüssiges Gejammer eines Ewiggestrigen]
Heutzutage gibt’s solche Güten nur noch bei knochenhart eingespannten PA-Tönern; die laufen zwar in 50 Litern, können dafür aber ohne aktive Korrektur überhaupt keinen Bass. Macht ja nix, Belastbarkeiten von anderthalb Kilowatt sind heutzutage die Regel, und wenn man durch das vorgeschaltete DSP-Filter per fetter Schaltendstufe nur genügend Energie bei tiefen Frequenzen in den Töner drückt, dann macht’s auch sowas wie Bass. Beschaller mögen sich über die kleinen Gehäuse freuen, meinen Geschmack trifft diese Art, das Problem mit exzessiven Korrekturen und Unmengen von Leistung zu erschlagen nicht. Die klassische Vorgehensweise, solche Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen, ist mir da deutlich lieber. Mit dem 2235H geht das; der Treiber macht rund 93 Dezibel Wirkungsgrad, zwei parallel geschaltete entsprechend drei Dezibel mehr (bei gleicher Signalspannung). Deshalb reicht die Belastbarkeit auch dicke, genau so wie der moderate Maximalhub. Für diese Anwendung ist das nicht weniger als der perfekte Bass.
[/Achtung]

Interessante Überlegungen zu diesem Thema habe ich hier gefunden. Der Autor hat einige durchaus spannende Alternativen zum 2235H aufgetan; billiger allerdings wird’s damit in letzter Konsequenz auch nicht. Ich habe jüngst vier mehr oder weniger „angeschossene“ JBL E140 erworben, was, wie es aussieht, die günstigste Variante ist, an entsprechende Basismodelle zu kommen. Ich habe 20, 80, 100 und 100 Euro bezahlt, im Schnitt also derer 75. Ein komplettes professionelles Reconing kostet mich 150 Euro pro Treiber, macht also im Schnitt 225 Euro für einen „echten“ 2235H. Dafür bekomme ich keine der erwähnten Alternativen.

Das Warum, Teil 1

Beim Betrachten dieser Box stellte sich mir folgende Frage: „Wenn das da unten zwei Fünfzehnzöller sind, was um alles in der Welt nehmen die denn da als Mitteltöner?“ Unsere nicht eben impotente Schmitti Memorial noch im Hinterkopf, bei der wir zwischen einem 24-Zoll-Bass und einem AMT einen Achtzöller verbauten (zwar einen ziemlich leckeren von PHL, aber trotzdem nur einen Achtzöller), starrte ich gebannt auf die Monsterpappe, die JBL ins damalige Monitor-Flaggschiff gespaxt hatte. Bei der Beschäftigung mit jenem Prachtstück namens 2202H und der Art und Weise, wie er dort eingesetzt wurde fing ich langsam, aber sicher Feuer.

2202_556Photo courtesy: Harman international

Das Ding hat’s in sich. Das ist ein fetter Zwölfzöller mit hochkant gewickelter Vierzoll-Flachdrahtspule. Hört sich an wie ein feister Bass, hat aber auch mit der riesigen Spule nur 43 Gramm bewegte Masse – unfassbar. Mit einem Mörderantrieb (Qts: 0,16) und fast 100 Dezibel Wirkungsgrad muss das dynamisch eigentlich ziemlich Großartiges leisten können. In der 4355 läuft das Prachtstück zwischen 290 Hertz und 1,2 Kilohertz, das passt sicherlich gut. Zumal die passive Weiche ihn nur nach oben begrenzt, nach unten besorgt ein aktives Filter die Trennung zu den beiden Bässen.
Wer von Grund- bis Mitteltonbereich dermaßen auf dicke Hose macht, der kann schon mal kein ganz Schlechter sein. Zwei 2202H in (hoffentlich) gutem Zustand sind aus den USA auf dem Wege ins Ruhrgebiet. Ein Auktionsbetrag von 74 Euro und 2 Cent pro Stück ist erst einmal ein Grund zum Jubeln, aber leider sind die Schätzkes damit noch nicht hier. Den Endbetrag reiche ich nach, wenn das Paket da ist – die Zahlen werden unschön, das steht schon mal fest.

Vier drei fünf fünf

Eigentlich könnte ich ja mal nen Lautsprecher bauen, dachte ich mir neulich so. Bekanntermaßen tue ich das ja sonst kaum, also ist das doch mal eine originelle Idee.
Sarkasmus beiseite: Tatsächlich habe ich mich entschlossen, mal ein Paar Boxen nur für mich zu bauen. Also kein Klang + Ton-Projekt, sondern etwas aus ganz eigenem Antrieb. Etwas schon ziemlich Ausgefallenes, das sich ganz bestimmt nicht jeder ins Wohnzimmer zu stellen bereit ist: einen alten Studiomonitor namens JBL 4355. Das ist ein ziemlicher Koffer aus den Siebzigern mit zwei Fünfzehnzöllern pro Seite. Vier Wege. Wirkungsgrad. Gebaut als professionelles Abhörwerkzeug in den Hochzeiten von The Who, Led Zeppelin und Konsorten. Und genau dafür war’s gedacht: Diese Lautsprecher konnten ernsthaft rocken und richtig einstecken.

4355ori_556Photo courtesy: Harman international

Und sowas kann man heutzutage noch einfach so bauen? „Einfach so“ eher nicht: Die Treiber gibt’s knapp vierzig Jahre nach Markteinführung verständlicherweise nicht mehr. Weshalb man auf den Gebrauchtmarkt angewiesen ist und auf einen guten Reconing-Betrieb.
Vor den Spaß haben die Lautsprechergötter eine Menge Schweiß gesetzt und fordern ein erkleckliches Maß an Toleranz gegenüber hässlich großen Investitionen in Altmetall und in eben dieser Phase befinde ich mich gerade. Ich plane, Sie hier vom Fortgang der Dinge zu unterrichten, erwarten Sie in der näheren Zukunft also reichlich Bilder von heruntergekommenen ollen JBL-Treibern und jede Menge Flüche über die Kosten des Imports von altem Zeugs aus den USA.