Der etwas andere JBL-Clone

Fast zwei Jahre habe ich diese Schätze jetzt auf der Festplatte ohne etwas damit zu machen, was mir gegenüber dem Erbauer schon ein bisschen peinlich ist. Lieber Stefan – jetzt aber. Dein Projekt ist so großartig, das darf einfach nicht länger im Verborgenen schmoren.

Worum es geht? Leser Stefan D. aus Frankfurt hat sich seine ganz persönliche Traum-JBL-Kombi realisiert, und die hat’s in sich und lässt meine 4355 hier und da ein wenig mickrig erscheinen :-). Lassen wir einfach Bilder und Worte des Entwicklers für sich selbst sprechen.

1. Konzept

… ich habe mich dann für den JBL-„Nachbau“ entschieden. Das sind 3 x die Mittelhochton-Teile der 4355 und 2 x 2245 Bässe. Ist primär für Musik, aber ich schaue auch gerne mal Live-Konzerte und ja, auch mal Filme. Ist 2m breit, 1,10m hoch und 0,50m tief und im Moment ein Testgehäuse aus Rohspan (das „kleine“ oben drüber ist übrigens ein alter 50 Zoll Plasma…). Und ja, es handelt sich um eine „Immobilie…“. Bei der Auslegung des TT-Gehäuses habe ich mich an dem Original-JBL-Sub-Dokument orientiert. Ich habe etwa 1 Jahr lang die Chassis zusammen gesucht: Teile aus D-Land, England, USA und letztlich die Linsen von Kenrick Sound. Die 2202 habe ich in Mannheim komplett neu reconen lassen. Die Weichen habe ich nach dem „Original“-Plan aus dem Lansing Heritage Forum mit Jantzen-Bauteilen zusammen gelötet, charge coupled nach der „Diodenmethode“.

Der Klang ist nach 2 Wochen Feinarbeit mittlerweile auch schon ganz OK (ich bleibe da realistisch). Schön ist die Selbstverständlichkeit bei gehobener Lautstärke und es kommt mir doch „einen Tick mehr Live“ vor als über „normale“ Lautsprecher. Das geht schon mal in die richtige Richtung. Da geht aber sicher noch was. Erstaunlich real sind gute Filme. Ich glaube, da hat die Dynamik-Kompression noch nicht so stark zugeschlagen wie leider bei vielen Musik Aufnahmen. Leider habe doch mit einigen Raum-Resos zu kämpfen. Damit hatte ich gerechnet und da liegt noch ein wenig Arbeit vor mir.

2. Treiber

Wie sich die Bilder gleichen: Bei mir kamen die gleichen Päckchen an wie bei dir. Hat fast 1 Jahr gedauert. Aber ich habe jedem einzelnen Chassis ein wenig „entgegengefiebert“. Das ist etwas völlig anderes, als aktuelle Chassis möglichst günstig irgendwo zu bestellen. Und 3 heißt immer 1 Paar und ein Einzelnes. Das war manchmal nicht ganz einfach. Der Preis wird dabei zu einer „Komponente“. Aber mit einer „Geiz ist Geil“-Mentalität kommt man da nicht weiter. Man trifft aber durchweg auf sehr nette Leutchen. Alle ein wenig Gaga. Aber ich denke, ich könnte die Einzelteile jederzeit wieder ohne Verlust verkaufen. Insofern ist das Risiko eigentlich überschaubar. Deine Kosten-Zusammenstellung deckt sich übrigens ganz gut mit meiner Erfahrung. Manches habe ich etwas günstiger bekommen, manches etwas teurer. Also in Summe…
Ich habe derzeit 2 x 2440 mit neuen Radian Ersatz Dias und als Center einen 2441 mit Ori JBL Dia. Und 2 JBL 2311 und ein H93. Frag mich warum, aber die Gewinde zur Befestigung in der Schallwand sind nicht gleich….
Die 2202H habe ich komplett reconen lassen und die 2440/2441 remagnetisieren, und zwar hier: http://www.lautsprecher-manufaktur.de/

Die beiden haben auch einen ordentlichen Sprung in der Schüssel. Ich erspare mir die Beschreibung, wie’s bei den Jungs aussieht. Also bedenkenlos zu empfehlen. Untermieter ist übrigens: http://www.walter-elektronik.de/

Die Linsen waren nicht zu adäquatem Preis aufzutreiben. Da ist Kennrick aber mal mehr als fair im Preis. Ich habe Kenji direkt angeschrieben. Aber 3 wollte er nicht schicken. Also habe ich 4 genommen. Aber ein mehr als freundlicher Kontakt. Unbedingt empfehlenswert. Hab ich dann im Hanauer Hafen am Zoll abgeholt. Den Jungs musste ich erklären was das ist, wegen Zoll und so. Die haben vlt geschaut, als ich denen von meinem „Projekt“ erzählt hab…..
Ja, ich habe mich auch für die Klammern/Krampen entschieden und über ebay aus den USA besorgt. Wenn man häufiger ein- und ausbaut alternativlos. Ich glaube, wenn man es einmal hat…..
Die Dichtungen habe ich mir selbst ausgeschnitten. Aus solchen „Moosgummi“-Platten aus dem Bastelbedarf.

3. Frequenzweichen

Ich habe mich für die „Original-Weichen“ von „GT“ mit den nachgebildeten LPads entschieden. Irgendwie wollte ich im ersten Anlauf möglichst nahe am Original bleiben. Vlt probiere ich nochmal das Update von „4343b“ aus. Ich denke aber auch über eine weitere „Teil- Aktivierung“ nach: Die 2202H als Sat TT und die 2440/2405 passiv getrennt als Sat HT. Dann entfiele die enorme Pegel-Anpassung der Autoformer und womöglich ein Großteil der Bauteile. Und man bekommt vielleicht eine etwas direktere Ansteuerung der 2202H.

Als Preis/Leistungs-Bauteile habe ich die von Jantzen genommen. Die Spulen einen Wert größer und abgewickelt. Die Kondis verdoppelt (also Kapazität und Anzahl wg Charge Coupling) und jeden Wert aus einem größeren und einem kleineren zusammen gestellt.
Das „charge coupling“ mit 9V-Batterie ist nicht mein Stil: Ich wäre ständig unsicher, ob nicht die Batterie leer ist. Also habe ich die CC-Methode mit Diode und Widerstand (aus der JBL 4365) genommen. Scheint zu funzen. Ich habe aber noch keinen Hörtest „ohne“ gemacht.

Derzeit teste ich erstmal so. Ich bin froh, dass bei den ganzen Spulen (mit unbekanntem Innenwiderstand) noch ein Ton raus kommt und die Dynamik nicht verloren geht. Danke für den Tip mit den Monacor L-Pads (wenngleich die auch nicht soooo günstig sind). Den TT habe ich an einem Hypex PSC 2.400, weil ich den DSP zur Reduzierung der Raum Resos brauche. Im Bass habe ich im Standgas ein hörbares Grundrauschen. Ich muss mal schauen, ob’s eher vom Pio AVR oder vom Hypex kommt.

4. Gehäuse

Ich habe die Gehäuse aus 3-Schicht-Platten 24mm geplant. Der KVA für die Zuschnitte war 850 Oere. Ich habe mich dann erst mal für Rohspan 16mm entschieden, um zu testen, zu messen usw. Hat 80 Oere gekostet. (Das Material ist aber, um ehrlich zu sein, ein ganz schöner Krampf).
Die MT-Gehäuse gehen einfach von vorne bis hinten durch und dienen zugleich als Verstärkung. Das habe ich dann mit Polywatte, altem Bettzeug und einigen IKEA Kissen gehört und gemessen.
Dann habe ich noch herum liegende Fliesen aufgeklebt und mit Trittschall die glatten Flächen etwas abgedämpft. Insgesamt habe ich aber das Gefühl, diese Maßnahmen haben mein Gewissen mehr beruhigt als das Gehäuse…. Ich denke darüber nach, das fertige Gehäuse als Matrix aufzubauen.
Dann habe ich noch Verstrebungen eingezogen und in Ffm Jute/Hanfmatten besorgt. Der hatte gerade eine Packung da. Die Idee ist aus Eurer Aurum. Ist auch möglichst nah am Original. Da haben die ja wohl tatsächlich Glaswolle genommen… Das Zuschneiden und Einbringen war übrigens eine ziemliche Sch…- Arbeit.
Die MT Gehäuse habe ich mit Stopfhanf bis an den Treiber fast komplett zugestopft. Das hat einige Resos reduziert und der Treiber bekommt unten rum noch ein wenig „den Arsch hoch“.
BR Rohre sind aus 160er KG Rohren. Die Muffen habe ich abgeschnitten und eingeklebt. Eingesteckte Rohre erlauben jetzt den Austausch und damit unterschiedliche Abstimmungen. Derzeit liege ich wohl bei etwa 25-30 Hz. Da ich Raum Resos bei 20 und 40 Hz habe, fand ich das als Ausgangspunkt ganz passend.
Das Testgehäuse ist vereinfacht als schnöde Kiste aufgebaut. Damit es optisch an die JBL erinnert, habe ich die Schallwand blau und den Sockel schwarz lackiert und die Dreiecksleisten aufgeklebt. Ich wollte ja auch mal sehen, ob mir die blauen Kisten nicht nach einigen Wochen im WoZi auf die Nerven gehen. Tun sie bisher nicht 😉

5. Fertiges Testgehäuse

Anliegend nun dar derzeitige Stand aus verschiedenen Perspektiven. Das HiFi Regal soll übrigens noch durch ein Regal in Form und Größe der JBL ersetzt werden (Sieht man auch auf der ersten Power Point-Planung). Ein Ziel war auch, keine Lautsprecher und kein HiFi-Rack mit dahinter liegenden Kabeln und „Dreckecken“ zu haben, sondern ein „Möbelstück“. So ein wenig der Gedanke der Paragon.
Ja, der TV ist ein alter 50 Zoll Plasma, schwer und groß. Und er wirkt etwas „verloren“. Das wird schon. Die JBL werden etwas „reduziert“ und die Glotze gibt es auch in 65 Zoll oder als Beamer. Aber primär geht es doch trotzdem um Musik. Leider habe ich mit einigen Raumresos zu kämpfen, da mein Raum fast auf den cm genau doppelt so lang wie breit ist. Das konnte ich mit dem DSP einigermaßen hin bekommen. Messungen sind schwer, da der Raum immer mit spielt und ich den Speaker nicht mal eben zum Messen in den Garten bringen kann. Der Übergang vom 2245 zum 2202H scheint nicht ganz einfach zu sein. Der ist aber auch besonders schwer messtechnisch zu ermitteln.

6. Fazit

Mein Fazit: Unbedingt empfehlenswert. Sollte jeder mal gemacht haben. Vielleicht gibt es „bessere“ Lautsprecher, aber die Beschaffung, der Bau und das Leben mit den Teilen entschädigen mit einer Menge Spass und der jederzeit optisch und akustisch nachvollziehbaren Gewissheit, dass man noch nicht bei der Langeweile des Establishments angekommen ist. „Leben ist Trumpf“…