Man sollte meinen, aus der schnelllebigen Digitalzunft würden die technischen Innovationen in Sachen Wohlklang nur so auf den Audiophilen an und für sich niederprasseln. Scheint mir aber nicht so zu sein. Man strömt mit oder ohne Roon und die Entwicklung hochauflösender PCM- und DSD-Tonformate scheint ihren Zenit erreicht zu haben. Was sich abzeichnet ist das lange prognostizierte CD-Revival auf kleiner Flamme, aber sonst scheint mir derzeit nicht viel los zu sein zwischen Bits und Bytes in Sachen Audio.
Etwas anders sehen die Dinge ausgerechnet bei der ollen Schallplatte aus. Ob’s der vielbeschworende Plattenfertigungs-Hype namens „HD-Vinyl“ irgendwann mal zu einem realen Produkt schafft weiß ich nicht, viel interessanter ist ohnehin das, was derzeit am vorderen Ende des Tonarms passiert, denn das ist sehr real.
Wir erleben derzeit nämlich ein paar richtig innovative Dinge beim Tonabnehmer an und für sich. Ganz vorne an stehen dabei sicherlich die nunmehr in dritter Generation erschienenen elektrooptischen Abtaster des japanischen Herstellers DS Audio. LP-Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich deren – zugegebenermaßen vollkommen abstrus bepreistes – Flaggschiff „Grand Master“ (55 k€ inklusive des zweiteiligen zentnerschweren Entzerrers) für das Maß der Dinge in Sachen Schallplattenabtastung halte, aber das ist nicht der Grund für diese Zeilen. Sondern meine Erfahrungen mit den etwas diesseitigeren Auprägungen der Lichtstrahlabschwächungstonabnehmer DS-E1 und jüngst mit dem DS003. Und so überzeugend beide mit den hauseigenen Entzerrern auch spielen, das Ende der Fahnenstange erreichen die Abtaster damit nicht. Sage ich als jemand, der in der jüngeren Vergangenheit sechs verschiedene Spezialentzerrer für solche Abtaster gehört hat.
Der japanische Soul Note E-2 ist neben den DS Audio-Typen dabei derjenige, der am ehesten einem richtiges Produkt darstellt, wenngleich (noch) eines ohne Vertrieb in unseren Breitengraden. Noch merklich beeindruckender gibt sich aber das, was da so im stillen Kämmerlein fernab kommerzieller Pfade vor sich hin köchelt.
Auf „Bernds Röhrenentzerrer“ reite ich hier ja schon länger herum. Und seitdem jener seine letzten Problemchen losgeworden und mit dem DS003 verbandelt ist komme ich nicht mehr umhin, der Schallplattenwiedergabe ein Niveau zu attestieren, das ich bis hierhin nicht für möglich gehalten hatte. Das ist so dynamisch. störgeräuscharm, fest, detailliert und kernig, das klingt wie CD. Nur in gut.
Klanglich völlig anders, aber mindestens ebenso beeindruckend ist das, was Andrejs Staltmanis die Tage in Gestalt dreier Kisten bei mir zusammenstöpselte. Sein Entzerrer in Hybrid-Technik spielt zur Zeit nur mit dem DS-E1 und rauscht noch ein bisschen, tönt aber so unfassbar zart, fein und weiträumig, dass ich echt gestaunt habe.
Beides nützt Ihnen als interessiertem Konsumenten im Moment noch nichts, zeigt aber sehr deutlich auf, wieviel Potenzial in den elektrooptischen Tonabnehmern steckt. Zumindest den Soul Note nebst DS003 wird’s übrigens in München auf der High End (beim Fink Team) zu hören geben.
Das allerdings ist nicht die einzige spannende Nachricht aus dem Tonabnehmerlager: Der ebenfalls japanische Hersteller Analog Record Sound stellte unlängst einen mikrofonbasierten(!) Abtaster vor.
Hier sind tatsächlich zwei der Smartphone-Technik entliehene winzige Kondensatormikrofone damit beschäftigt, die Schwingungsgeräusche des Nadelträgers in eine elektrisches Signal von 250 Millivolt Amplitude zu verwandeln, das keinerlei Entzerrung mehr benötigen soll (wobei ich da so meine Zweifel habe). Trotzdem. Wenn das funktioniert, ist es der nächste Nagel in den Sarg der altehrwürdigen MC- und MM-Technik. Selbstverständlich gibt es Bestrebungen, so eines Abtasters Herr zu werden.
Liest sich ein bisschen wie ein „LP“-Editorial hier, stelle ich gerade fest – sry ;-).
Perhaps it is important to have a look at the introduction date?
Würde mich schon reizen. Ist mir aber ehrlicherweise zu teuer. Man kann nur hoffen, dass diese ganzen Spulen -losen Ansätze (DS, Soundsmith) irgendwann in näherer Zukunft mal deutlich günstiger werden. Denn wieviel Prozent der Mitbürger beschäftigt sich heute noch mit analoger Vinyl-Technik? Und wieviel Prozent davon sind den bereit, nur für den TA mehr als Tausend Euro auszugeben? Von den angesprochenen Entzerrern ganz zu schweigen. So wird’s leider ein Randthema für wenige Privilegierte bleiben.
Neue Technologien sind immer teuer. Wenn die Anzahl der Anbieter steigt, dann sinkt der Preis. Es bleibt zu hoffen, dass auch andere Hersteller auf den elektrooptischen Zug springen und so für günstigere Modelle sorgen. Die Technik an sich ist keine teure – ich wage zu behaupten, dass sie günstiger zu realisieren sein sollte als jede Spule-Magnetanordnung.