Projektstauabbau

Jeder verbringt seinen Urlaub anders, und Ollis Art und Weise sowas zu tun kann ich gut nachvollziehen: durch die Republik reisen und Leute besuchen. Und so ergab es sich, dass wir letzte Woche – ausnahmsweise mal im Ruhrgebietsumfeld – mindestens drei Dinge erledigt bekommen haben

Bevor wir über das reden, was sich auf dem Bild oben tut, soll’s jedoch zunächst um Ollis neue Lautsprecher gehen.

#1: Holzarbeiten

Ober-JBL-Nerd Olli will tatsächlich seinen ersten JBL-Lautsprecher bauen, was denn ja mal auch dringend überfällig ist. Es soll etwas in der Art einer 4315 werden, aber mit Hornhochtöner anstelle des Fünfzöllers. Die Bässe dazu sind ja schon letztes Jahr entstanden (Jawohl, 124A und 2203A sind das Gleiche).

Aktuell waren Holzarbeiten angesagt. Also haben wir uns am Montag auf den Weg zum Holzhändler meines Vertrauens aufgemacht und haben eine Platte 20er Buchenmultiplex erstanden (39,20 Euro netto pro m², auch deutlich weniger erfreulich als noch vor Jahresfrist) aufs Dach von Ollis Kleinbus gegurtet. Das war solange eine gute Idee, bis die dunkelgrauen Wolken am Himmel abzuregnen drohten. Bekanntermaßen vertragen sich Wasser und Buche so gar nicht, und wir fanden mit knapper Not Unterschlupf unter dem Dach einer Autobahntanke.

An ein Weiterfahren war auch nach Ende des Regens nicht zu denken, die Gischt des Verkehrs hätte die Buchenplatte auf dem Weg bis nach Duisburg bis auf die Knochen eingeweicht. Aber wir hatten unvorstellbares Glück: Der Bautrupp, der gerade die Tanke umbaute, hatte eine Rolle stabiler Kunststofffolie dabei, von der man uns gegen eine Spende in die Kaffeekasse mit größter Selbstverständlichkeit ein paar Quadratmeter abtrat. Manchmal läuft’s halt :-).

In der Werkstatt brauchten wir dann weniger Glück. Der Zuschnitt erfolgte per Tauchsäge, der „Mantel“ wurde mit Gehrungen an den Kanten versehen, die Schallwand eingenutet. Was sich, ganz nebenbei, als sehr gute Idee erwiesen hat und den Zusammenbau deutlich erleichtert – das mache ich zukünftig bestimmt öfter.

Die Schallwandausschnitte mussten sinnvollerweise vor dem Zusammenbau erledigt werden, was die CNC nicht wirklich ins Schwitzen gebracht hat.

Das Mitteltongehäuse hatte Olli schon vorher aus Resten zusammengeleimt, das wanderte ebenfalls vor dem Zusammenbau auf die Rückseite der Schallwand.

Die Rückwand wird eingelassen und soll herausnehmbar sein, also braucht’s einen umlaufenden Leistenrahmen im Gehäuse.

Dann galt es noch ein paar einfache Helmholzresonatoren einzuleimen, die Rückwände genau passend zu schneiden und uns ob unserer eigenen Großartigkeit auf die Schultern zu klopfen.

Damit waren wir drei gut halbe Tage reichlich beschäftigt. Über den Umstand, dass in den Gehäusen ein kleiner Denkfehler steckt (sie sind nicht tief genug, Mitteltontreiber plus Horn passen nicht rein) könnte man den Mantel des Schweigens hüllen, muss man aber nicht: Wir haben eine Öffnung für den Druckkammertreiber in die Rückwand gefräst und eine „Dose“ aus Multiplex vorbereitet, die das Ganze mit dem nötigen Abstand weder abdichtet.

#2: Noch bässer

Meine „Dicken“, also die JBL 4355-Klone, leiden schon länger ein bisschen unter Liebesentzug. Was daran liegt, dass sie so richtig auf den Punkt nicht sind und ich ein paar Veränderungen an ein paar Stellen versuchen will. Ein Aspekt dabei betrifft die Tieftöner.

Damals, jung und unerfahren, wie ich in der Vintage-JBL-Welt war, habe ich Bässe eingebaut, die so einfach nicht richtig passen. E140-Antriebe kann man machen, muss sich aber darüber im Klaren sein, dass sich ob des stärkeren Magnetfeldes eine zu niedrige Güte einstellt. Und da man mir damals die in diesem Falle noch dringender benötigten Masseringe unterschlagen hat, geht das Ganze nicht so richtig perfekt. Spätestens seit meiner Begegnung mit Jochens 4430 weiß ich, wie ein 2235H auf E140-Basis klingen kann, und sowas will ich auch. Viermal, bitte.

Die Lösung des Problems ist eigentlich recht einfach und sieht (mittlerweile) so aus:

„Mittlerweile“ deshalb, weil Olli Zusatzmasse bei Tieftönern früher mit Bleiband aus dem Gardinenzubehör realisiert hat. Geht auch, muss aber außen am Schwingspulenrand aufgeklebt werden und erfordert unerfreulich große Dustcaps. Die Lösung mit „richtigen“ Masseringen ist zweifellos eleganter. Olli macht die mittlerweile selber, auch diese vier ganz besonderen Typen, die meine 4355-Tieftöner endlich in die Spur bringen sollen. Also war’s wieder mal Zeit, den einen oder anderen Abend im Acetonnebel zu verbringen – die Dustcaps mussten ja runter von den Tieftönern.

Die Sonderanfertigungen passten ausgezeichnet, außerdem konnte man bei der Gelegenheit gleich noch ein paar potenzielle Probleme lösen – wie das Entfernen des schon zerfallenden alten Schaumgummis zur Abdeckung der Polkernbohrung. Auch das wäre seinerzeit eigentlich der Job des Reconing-Betriebes gewesen.

Während die Verklebung der Masseringe aushärten durfte, kam Andrejs Staltmanis noch vorbei und schloss die neueste seiner immer wieder extrem spannenden Phono-Kreationen an. Eine Stromversorgung mit acht DC/DC-Wandlern ist derzeit das Mittel der Wahl bei der vollsymmetrischen MC-Lösung.

Eine sehr gelungene Darbietung, als Signallieferant diente das Ortofon Per Windfeld Ti. Es muss ja nicht immer DS Audio sein :-).

Am nächsten Morgen galt es noch herauszufinden, ob sich die Tieftöner-Operation denn auch gelohnt hat, und so hat Olli im Rahmen des Möglichen kurz T/S-Parameter gemessen und eine Gehäusesimulation im Vergleich zu einem „richtigen“ 2235H erstellt.

Bei der TSP-Messung gilt es zu berücksichtigen, dass der Treiber lange nicht gelaufen und weit entfernt von betriebswarm war – die Einspannung war dementsprechend noch merklich zu hart. Trotzdem bewegen wir uns genau dort hin, wo wir hin wollen: eine etwas höhere Güte, eine niedrige Resonanzfrequenz und immer noch satt Wirkungsgrad. Die Simulation belegt zudem, dass wir in 140 Litern tatsächlich ein Stück tiefer kommen als der originale 2235H – wenn das mal kein voller Erfolg ist. Außerdem sind die vier Treiber erfreulich gleich, das Paaren der Masseringe mit den parametermäßig am Besten passenden Tieftönern hat sich definitiv gelohnt.

Die neuen Dustcaps liegen mittlerweile bei Olli in der Post, und deshalb müssen die Treiber am nächsten Wochenende auch mit zum Frickelfest Essentials – da bekommen sie dann den letzten Schliff.

#3: Feldspulenangetriebenes

Am Wochenende fand ja noch der diesjährige Bergkamener Hörtest statt und ich hatte vor, Großvolumiges an den Ostrand des Ruhrgebietes zu schaffen. Die Doppelfünfzehnzollmonster vom letzten ETF waren aber beim besten Willen nicht rechtzeitig in die Spur zu bekommen und so fiel die Wahl auf die beiden Wolf von Langa-Lautsprecher, die schon Ewigkeiten auf ihren ersten Einsatz warten. Schön blöd von mir, denn dafür hab ich mal durchaus ernsthafte Mengen von Geld bezahlt.

Nur noch schnell ein bisschen Strom drantüdeln und ne Weiche machen – kann ja so schwer nicht sein. So die Theorie. Erste Messungen an einem der 15″-Tieftöner verliefen höchst erfolgversprechend, eine optimaler Arbeitspunkt für die angestrebte Bassreflexabstimmung war schnell gefunden.

Die Gehäuse – zum ersten Mal beim Frickelfest 2010 zu bestaunen, damals noch in der Obhut des Konstrukteurs – sorgen für komfortable 265 Liter Volumen hinter dem Tieftöner und die braucht er auch. Bei rund 3,5 Ampère Spulenstrom lässt sich damit ein Bassreflex-Alignment finden, dass sich mit einem Loch im Gehäuse machen lässt – idealerweise mit der Verkleinerung der ohnehin im Boden vorgesehenen Öffnung.

Soweit war’s einfach, also stellten wir eine Box auf den Hof hinterm Verlag und Olli versuchte einen Satz Messungen beider Treiber, um eine Basis für eine Weichensimulation zu haben. Das lief leider nicht ganz so geradeaus wie erhofft, weil einer der beiden Hochtöner ungesunde Geräusche von sich gab. Also: Treiber auseinandernehmen und inspizieren.

Nachdem sich mit Bordmitteln keine entscheidende Verbesserung erzielen ließ, musste der ziemlich gewaltige 1,4-Zöller zuhause auf die „healing bench“.

Mit viel gutem Zureden, kneten und rubbeln ließ sich die leicht deformierte Schwingspule dazu überreden, ihren Job im Luftspalt fast geräuschfrei zu erledigen.

Die Treiber sind wirklich guter Stoff und so ließ sich denn auch ohne größere Probleme eine Sieben-Bauteile-Weiche ermitteln (18 dB-Tiefpass, 12 dB-Hochpass und zwei Widerstände für den Spannungsteiler vor dem Hochtöner), die den Job bei genau einem Kilohertz perfekt erledigen sollte. Die ließ sich denn auch aus Bauteilen realisieren, die noch in der Restekiste vorhanden waren. Ein erster Test am leistungsmäßig gnadenlos übertriebenen brandneuen Accuphase E-5000 im Verlagshörraum ließ Olli und mich spontan in Jubelgeschrei ausbrechen – das war nämlich richtig ernst, was die Kisten da zeigten.

Und jetzt musste das Ganze nur noch nach Bergkamen zur Verköstigung – aber davon erzähle ich beim nächsten Mal.

10 Gedanken zu „Projektstauabbau

  1. Horst

    Vielen Dank für den guten Bericht. Leider kann man diese Chassis bei WVL wohl nicht mehr erwerben, die hat er nur eine zeitlang so angeboten, danach kamen die Designstücke mit offenliegender Feldspule, die ich persönlich grottenhässlich finde. Und selbst die findet man nicht mehr auf seiner Webseite. Nur fertige Boxen. Das hier ist im Grunde von Altec kopiert, die haben das auch mal so gebaut. Ist aber sehr gut gemacht. Die waren sicher nicht günstig, erstklassige Ware. Die Gehäuse sind anders als Shindo Latour. Latour hat null Dämmung, der ganze speaker ist über das Gehäuse und die Weiche abgestimmt. Das ist die große Kunst und da hilft auch kein Computerprogramm. Die vorgehensweise hier ist aber effizient, denn man kann damit sehr rasch eine gut abgestimmte Weiche designen.Latour hat keine 18 dB Weiche intern verbaut, die Weiche ist nach gehört entwickelt. Genauso habe ich es übrigens auch getan, man kommt dann nach längerer Zeit auch zu einem Optimum wo der Speaker einrastet, sauber und klar spielt. Aber das erfordert Erfahrung, mit Computer kann es im Grunde jeder, da der Weg wie im Kochrezept beschrieben ist. Messen sie dieses, das ergibt dann die optimale Weiche und die hat so auszusehen. Und dann wird das so aufgebaut und gehört, fertig.So geht heute jeder Entwickler vor. Der Klang der Latour ergibt sich auch aus dem verwendeten Material, das liegt halt meistens nicht mal eben in der Grabbelkiste rum sondern ist selektiert auf den Sound, den man erreichen möchte. Ich habe, was die Mittenwiedergabe angeht, nicht viel besseres bisher gehört. Ungemein ehrlich.Dieser Speaker hätte sicher auch das Potential dazu, aber man müsste sich damit länger als ein Wochenende beschäftigen. Die Latour ist auch nicht in einer Woche entstanden. Gute Dinge brauchen Zeit, viel Wissen und Beschäftigung damit. Die Technik macht vieles einfacher, aber ist kein Universalwerkzeug. Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen und Wissen auch nicht. Google hilft nicht immer weiter. Viel Erfolg mit dem schönen Speaker.

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  2. MIcha

    Hi Holger.das Wolf von Langa Testgehäuse: Kannst du mir sagen, wie dick das Holz und ob bzw wieviel Dämmmaterial da verbaut ist? Sieht so ein bisschen wie Shindo Latour aus.dank dir

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    1. hb Beitragsautor

      Das ist dünnes Fichtensperrholz, ich würde sagen 15mm und keine Verstrebungen. Als Dämmmaterial dient ein eine dünne Bettdecke mit Polyesterwattefüllung.

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      1. Micha

        Hi Holger,dank dir für die Info. Aus deinem Bericht höre ich heraus, das die Gehäuse einen Versuch wert sind. Soll für Altec 416. Schwanke generell zwischen dicken und dünnen Wänden für meine Gehäuse, ist für den Hobbybastler ja alles mit reichlich Geld und Aufwand verbunden.lg micha

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  3. Ernst Naujoks

    Lieber Holger, seit ca. 10 Jahren warte ich auf einen Bericht über diese WvL-Lautsprecher, hier geht es endlich los,….und dann werde ich wieder vertröstet. Na gut, ich habe die Wartezeit mit einem Pärchen WvL Decorator überbrückt, sind auch schon gut, die Teile.

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  4. Falk

    Tja,Das Einnuten von Front und Rückwand habe ich das erste Mal bei meinen 4430 gemacht. Eigentlich nur, weil JBL das damals auch gemacht hatte. Dass da dann automatisch und ohne jedes Problem eine rechtwinklige Kiste draus wird, hatte ich damals übersehen. Ich werde das aber auch nie wieder anders machen.So einfach ….JBL wollte damals halt auch nur Geld sparen.

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  5. Rafael

    Sehr schöner Bericht, Holger. Klasse Hundelady auf der Couch- darf meiner auch. Sag mal, wie viele JBL 15″ hast Du eigentlich- sehr beeindruckend. Und: was ist denn aus Deinem großem Altec- Nachbau- Mitteltonhorn geworden ? Kann ich mir nur mit einem Shearer vorstellen. Habe einen Prototypen mit meinem schreinernden Schwager gebaut- sehr gut. Dauert aber, bis ich die endgültige Variante gebaut habe. Wird hinten offen, mit je 2 K 140.Rafael

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    1. hb Beitragsautor

      Hi Rafael,
      das Projekt mit den 1803 war eigentlich das, was mit nach Bergkamen sollte, das war zeitlich aber schlicht nicht zu machen. Zumal hier noch ein Paar Zweizoll-Druckkammertreiber von Wolf von Langa liegt, das daran hätte adaptiert werden sollen. Wäre zweifellos spannend gewesen, aber das kommt sobald wie möglich.
      JBL-Treiber, da hast du Recht, gibt’s mittlerweile ein paar in meinem Fundus… ;-).

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