Einmal im Leben

Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ist das hier das erfolgreichste Foto, dass ich jemals in die Social-Media-Welt entlassen habe:

Allerdings habe ich mie darüber ausgelassen, was das eigentlich ist und was es damit auf sich hat. Vielleicht ist es mal an der Zeit, das nachzuholen.

Jenes Foto zeigt einen Lautsprecher, von dem es gerüchteweise etwa fünf Paar auf der Welt gibt. Wieviele davon spielfähig sind entzieht sich meiner Kenntnis, das seit rund zweieinhalb Jahren bei uns im Verlag befindliche Pärchen ist es jedenfalls nicht – die Entwicklung des Projektes seitens des taiwanesischen Herstellers ist niemals abgschlossen worden. Das ist auch der Grund dafür, dass sich die beiden ernsthaft großen und schweren Konstruktionen in meiner Obhut befinden: Ein Bekannter mit besten Beziehungen zum asiatischen Besitzer hatte mich seinerzeit gefagt, ob wir nicht mal versuchen können, diesen Lautsprechern sinnvolles Leben einzuhauchen. So eine Chance lässt man sich natürlich nicht entgehen – das Konzept und die verbauten Ingredienzien sind einfach zu spannend, um sie nicht mal vors Mikrofon zu bekommen.
Das heißt: In der Box stecken pro Seite vier Treiber vom japanischen Kleinstserienhersteller Acoustic Laboratory Endo (ALE). Das ist (oder besser: war, denn wie es im Moment aussieht, gibt’s die Firma nicht mehr) eine dieser sagenumwobenen Manufakturen aus dem Dunstkreis um Kondo und Goto – also das ganz exklusive Material. Google fördert eine Ebay-Auktion für Paar der fast 20 Kilo schweren Mittelton-Druckkammertreiber zutage, die für 17900 Dollar angeboten wurden. Gebraucht, versteht sich.

Welcher irgendwie mit der Entwicklung von Lautsprechern befasste Mensch würde sich nicht die Finger danach lecken, einmal mit solchen Preziosen spielen zu dürfen?

Stellt sich die Frage, warum die Lautsprecher ein relativ trauriges und wenig beachtetes Dasein in der Welt der Boxen-Exoten fristen, Potenzial für ordentlich Bekanntheitsgrad in der Szene hätten sie ja durchaus. Das liegt daran, dass bis jetzt niemand die Entwicklung abgeschlossen hat; die vom Hersteller mitgelieferten externen Frequenzweichen sehen zwar enorm imposant aus, erfüllen aber keine sinnvolle elektrische und akustische Funktion. Außerdem, und das ist das eigentlich Bedauerliche, wurden beim Bau der Gehäuse so viele Fehler gemacht, dass die Kisten eigentlich unbrauchbar und bereits in zunehmendem Maße dabei sind, in ihre Bestandteile zu zerfallen. Eine kommerziell verwertbare Entwicklung ist damit jedenfalls nicht zu machen. Das weiß auch der Besitzer der fünf Paar äußerst edlen Schrotts und hat seine Bemühungen um die Verwertung des Projektes verständlicherweise etwas reduziert.

Was mich in diesem Zusammenhang umtreibt ist die kommende Ausgabe des Frickelfests. Irgendwie habe ich mir in den Kopf gesetzt, die Exoten wenigstens einmal in einen anständig spielfähigen Zustand zu versetzen und ihnen wenigstens einmal einen angemessenen Auftritt zu verschaffen, die passenden Räumlichkeiten sind im Juni im neuen Austragungsort der Veranstaltung auf alle Fälle vorhanden.
Einstweilen haben wir erst einmal die Treiber aus einer der Vierteltonnenboxen ausgebaut und werden ihnen mal messtechnisch auf den Zahn fühlen. Keine Ahnung, ob da Sinnvolles bei herauskommt, ich halte Sie aber auf alle Fälle auf dem Laufenden.

11 Gedanken zu „Einmal im Leben

  1. Marc

    Hallo Herr Barske,habe an dieser Stelle eine dringende Frage, vielleicht können und mögen Sie mir einen Tipp geben:Seit einiger Zeit suche ich nach einer innerdeutschen, oder notfalls zumindest europäischen Bezugsquelle für TAD- und GOTO-Chassis. (Aus Japan antwortet bisher leider einfach niemand).Mit Dank im Voraus Büsten GrüßenMarc

    Antworten
    1. hb Beitragsautor
      Im Falle von TAD würde ich Jürgen Timm fragen: contact [ at ] tad-europe.com
      Der ist der offizielle Deutschland-Repräsentant der Marke (und außerdem Vorsitzender der High End Society, aber das nur am Rande).
      Goto wird nicht ganz einfach. Die Herstellerseite (http://www.eifl.co.jp/index/goto/goto.htm) sagt: “ We do not export GOTO UNIT“. Das muss also anders gehen. Ich würde Stefano Bertoncello (https://twogoodears.blogspot.com/) fragen: twogoodears@earthlink.com
      Antworten
  2. Dietmar

    Hallo Holger.
    Ich kann aufgrund diverser Messungen ( Plane Wave Tube) an ähnlichen Treibern deine Vermutungen nur bestätigen:
    Der 220Hz Peak ist die Eigenresonanz der Membran und will in einem sehr langen (ca 3m) und grossen Horn (ca 1x1m Austrittsöffnung) bedämpft werden, und sollte auch nicht höher als 2000Hz betrieben werden…der Treiber ist also für dieses Holzhorn ungeeignet.
    Das abgebildete Holzhorn (es lädt erst oberhalb von 500Hz vernünftig) ist daher für diesen Treiber einfach zu kurz und auch zu klein.
    Auch die Anpassung des Hochtöners , der mit seinen „Hörnchen“abmessungen und Belastbarkeit erst ab ca 8000Hz eingesetzt werden darf , ist in dieser Kombination eigentlich Overkill.
    Denn das Holzhorn alleine kann ja locker 20000Hz !!!.
    Damit liesse sich der Lautsprecher , das Holzhorn mit einem TAD TD2001 (500 bis 20000Hz) ausgerüstet, zum Frickelfest als 2-Weger doch noch in Betrieb nehmen !?
    Is ‚ nur ’n Vorschlag.
    Grüsse Dietmar

    Antworten
    1. hb Beitragsautor

      Hi Dietmar,
      das ist tatsächlich ein interessanter Vorschlag.
      Mal sehen, wo ich ein Paar TAD2001 aufgetrieben bekomme.
      Danke!

      LG: Holger

      Antworten
  3. JosH

    Geil, geil, geil! Mehr davon bitte Holger!

    – diese Treiber mögen steile Filter! (4te Ordnung)
    – und schmale Bandpässe (schwierig 3 Wege)
    Schätze 600&6000 Hz LR4 wird gut klingen.
    – Vorwiderstand statt Spannungsteiler zwecks Pegelanpassung macht sich gut
    – die messen sich nicht immer so gut wie sie klingen!

    Bin sehr gespannt 🙂

    Antworten
  4. Olli (hoschibill)

    Moin Holger 🙂
    Ich bin beeindruckt, dass Ihr Euch an die Dinger heranwagt und Du die halbe Tonne Lautsprecher tatsächlich zum FF karren willst. Werde das hier auf jeden Fall gespannt verfolgen und bin auf die Hörprobe beim FF gespannt.

    Gruß Olli

    Antworten
  5. Rafael

    Hallo Holger,

    uns würde natürlich brennend interessieren, welche kapitalen Fehler beim Gehäusebau und der Weiche gemacht wurden. Konzeptionell erinnert das Ding ja an eine JBL Everest 66000- allerdings sieht man im Vergleich, warum sich der Einsatz eines guten Industriedesigners lohnt… Die Chassis dürften ja wirkliche Leckerbissen sein- allerdings: ich habe mal GOTO- Hochtöner gehabt, die verarbeitungstechnisch ein wahrer Traum waren- aber nicht besser waren als die JBL Schlitzstrahler. Wahrscheinlich eins der vielen Overkill- Projekte, die man auch auf der HighEnd manchmal sieht und sich fragt, wie man mit so viel Aufwand einen solch schlechten Sound hinbekommt. Jedenfalls viel Erfolg bei dem Projekt- Du schaffst das locker, die Dinger zum Laufen zu bringen…

    Freundliche Grüße von Rafael

    Antworten
  6. Oliver Imle

    Ja! Das ist der Grund, warum ich alle paar Tage ( meist ernüchtert ) auf diese Seite schaue.
    Grandiose Hardware, grandioses Scheitern….
    das bewegt jeden DIYilisten.
    Bleib dran und gönn und noch paar Infos und Geschichten.
    Gruß Oliver

    Antworten
  7. Hannes Schrotter

    Hallo Holger

    Sehr geile Teile, zum niederknien.
    Da würd ich auch gerne mal ein Ohr drauf werfen : )
    Viel Spass beim Spielen.

    Grüsse Hannes Schrotter

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Olli (hoschibill) Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.