Die Platte, die Sie wohl nie besitzen werden

Kennen Sie eigentlich Fynn Kliemann? Jenen auf den hintersten Hinterhöfen Niedersachsens großgewordenen Allesselbermacher, der derzeit wohl das Spannendste in Sachen Entertainment ist, was Deutschland seit Langem hervorgebracht hat?
Wenn Sie eher im Norden der Republik verortet sind, dann ist Ihnen der zappelige Schlaks garantiert schon irgendwo in Funk, Fernsehen oder Netz über den Weg gelaufen. Im Rest der Republik schwappt die Welle noch nicht so hoch, aber das ist garantiert nur eine Frage der Zeit.
Was das hier soll? Nun, Fynn Kliemann ist neben vielen anderen Dingen auch Musiker. Und er hat unlängst sein erstes Album veröffentlicht. Und da das etwas sehr Besonderes ist, verdient es an dieser Stelle erwähnt zu werden. Und das liegt noch nicht einmal daran, dass ich es musikalisch unglaublich großartig finde, das ist nämlich nur bedingt der Fall.Dass Fynn Kliemanns erstes musikalisches Elaborat aus elf selbstgeschriebenen Titeln besteht, ist noch nichts weiter Besonderes. Dass das „Nie“ betitelte Werk in physischer Form auch in Vinylform gibt bzw. gegeben hat, schon eher.

Der Trick ist nämlich: „Nie“ ist „crowdgefundet“. Will sagen: Man konnte das Ding im Vorfeld bestellen, bezahlen und daraufhin wurde exakt die bestellte und bezahlte Anzahl physischer Kopien produziert. Verbunden mit der Garantie, dass das auf alle Zeiten hin die einzige Auflage des Werkes bleiben wird.
Diesem Aufruf sind dem Vernehmen nach erstaunliche 90000 Leute gefolgt und haben ihr hart Erarbeitetes dem Jungen aus Zeven anvertraut. Auch ich, weil ich die Aktion nämlich gut finde.
Sicher, das Album trifft den Zeitgeist der deutschen Musik ziemlich genau. Es ist sehr persönlich, sogar intim, überaus emotional. Und lässt die weitaus größte Anzahl der angesagten Sangeskünstler in diesem Lande noch peinlicher aussehen, als sie ohnehin schon sind.

Klar hätte „Nie“ das Zeug zum Charterforlg. Nur wäre Fynn Kliemann nicht der schräge Querkopf, der er nunmal ist, wenn er sich der Anmeldung bei den für die Charts verantwortlichen Institutionen nicht konsequent verweigert hätte. Einen Major-Plattendeal hat er im Vorfeld natürlich auch ausgeschlagen und hat lieber sein eigenes Label gegründet, die Produktion hat er mit einem alten Kumpel zusammen gemacht.
Natürlich wäre die überaus sympathische Angelegenheit eine Geschichte in der „LP“ wert gewesen, aber: „Nie“ ist seit Ende September Geschichte. Ich hab meine Kopie, und Sie kriegen keine mehr. Von daher begnüge ich mich mit einem Kopfnicken in Richtung Kliemannsland an dieser Stelle.
Guter Junge das.

5 Gedanken zu „Die Platte, die Sie wohl nie besitzen werden

  1. D S

    Es ist eine Schande, dass die Vinyls solche Preise erzielen (z.Z. 300 EUR). Das einzige, was der Artist dadurch erreicht hat ist, dass die wenigsten die Platte überhaupt hören und sie zum absoluten Spekulationsobjekt geworden ist.Bei dem jetzigen Release werden einige sich wohl bis mehrere Tonträger kaufen, nur um sie mit Gewinn in zwei Jahren wieder zu verkaufen. Das ist eben die Schattenseite von solchen Aktionen.Ob das im Sinne des Künstlers war?

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    1. hb Beitragsautor
      Tja – berechtigte Frage.
      Aber so sind die Gesetze der Marktes: Ein knappes Angebot bedingt hohe Preise.
      Ich habe übrigens beschlossen, bei der Vorbestellung des neuen FK-Albums nicht mitzumachen – es ist musikalisch einfach nicht mein Ding.
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    2. Käthe

      Diese Kritik ist total am Thema vorbei.Hören kann man doch auch bei Spotify! Da bewegt sich die Masse und da ist er einer der Top Streams ohne je eine Bühne bestiegen zu haben. Ausser Sammlern und Liebhabern interessiert sich doch eh niemand für Vinyl und der Punkt bei Dingen die besonders oder Sammlerstücke sind ist, sie sind nicht unendlich zu haben.Er schafft mit seiner Art auch eine ganz andere Art der Wertschätzung. Die Welt bräuchte viel mehr Fynn Kliemanns.

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  2. Oliver Imle

    Schöne Sache….
    Mein Großer hat sich auch geholt. Der ist 18, hat ein bisschen Vintage Equipment von mir und in der Zwischenzeit auch ein paar Platten. Vielleicht interessiert sich ja doch noch jemand in 30, 40 Jahren für die Wände voller Vinyl, die dann bleiben

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